Die ersten DEAL-Vertragsphasen enden: Wo stehen wir und wie geht es weiter?

Über 180 Teilnehmer*innen aus Universitäten, Forschungseinrichtungen und Hochschulen für angewandte Wissenschaften besuchten das Praxis-Webinar, um einen Überblick über vergangene, aktuelle und zukünftige DEAL-Entwicklungen zu erhalten.

Das DEAL-Konsortium befindet sich derzeit in einer Zwischenphase, in der die Verträge der ersten Generation auslaufen und die Verhandlungen mit den drei Anbietern über Neu- bzw. Erstverträge noch nicht abgeschlossen sind. Vor diesem Hintergrund bot das Webinar den Teilnehmenden die Möglichkeit, die bisherigen Verträge zu reflektieren, einen Überblick über die noch ausstehenden Prozesse aus der ersten Vertragsphase zu erhalten und einen Blick auf die nächsten Schritte hin zur nächsten Vertragsphase zu werfen.

I. Rückblick 2020-2022

Der erste Teil der Veranstaltung war einem detaillierten Rückblick auf die Errungenschaften und Erfolge der beiden DEAL-Verträge im Zeitraum 2020 bis 2022 gewidmet, basierend auf den drei Verhandlungszielen von DEAL: Open Access für alle Wissenschaftler*innen, verbesserter Zugang und Durchsetzung eines nachhaltigen Preismodells.

Open Access: Das ehrgeizige Ziel, mit dem DEAL angetreten war, dass "alle Wissenschaftler*innen in Deutschland Open Access publizieren", wurde nahezu erreicht. In den Jahren 2020 bis 2022 haben die Publizierenden in Deutschland mehr als 75.000 Publikationen in den Zeitschriften der DEAL-Verlage veröffentlicht. Lediglich in 3-5% der Fälle entschieden sich die Forscher*innen gegen die Open-Access-Option, wobei viele dieser sogenannten "Opt-Outs" nachträglich in Open Access überführt werden konnten.

Deutlich zu erkennen ist, dass der Anteil der Publikationen in reinen (Gold) Open-Access-Zeitschriften bei beiden Verlagen über die Jahre kontinuierlich gestiegen ist. Im Jahr 2022 macht er fast ein Drittel aller DEAL-Publikationen aus. Insgesamt sind dank der transformativen DEAL-Verträge mit Springer Nature und Wiley inzwischen mehr als 50 Prozent der Forschungsbeiträge aus deutschen Wissenschaftseinrichtungen frei zugänglich.

Zugang: Die DEAL-Verträge bieten allen teilnehmenden Einrichtungen einen gleichberechtigten und umfassenden Zugang zum gesamten Zeitschriftenportfolio der Verlage. Die Zahl der Teilnahmeverträge, ein Indikator für die Attraktivität des Leistungsportfolios für deutsche Einrichtungen, ist von Jahr zu Jahr leicht gestiegen. Bis Ende 2022 gab es 361 Teilnahmeverträge bei Wiley und 384 bei Springer Nature. Bemerkenswert ist, dass ein erheblicher Teil dieser Verträge mit Einrichtungen abgeschlossen wurde, die zuvor keine Verträge mit den Anbietern hatten, also praktisch Neukunden sind. Bei Wiley beträgt dieser Anteil 24%, bei Springer Nature 14%. Insgesamt hat diese Entwicklung zur Folge, dass Forschende und Studierende nun unabhängig von der Größe ihrer Einrichtung von einer exzellenten Informationsversorgung profitieren können.

Preismodell und Kosten: Vergleicht man die Ausgaben des DEAL-Konsortiums pro Verlag im Jahr 2022 mit den deutschlandweiten Ausgaben in den entsprechenden Jahren vor dem Start der DEAL-Verträge[1] (2018 für Wiley und 2019 für Springer Nature), zeigt sich ein erfreuliches Bild. Die Ausgaben für Springer Nature liegen 2022 nur rund 3% über dem Niveau von 2019 (38,4 Mio. EUR 2022 vs. 37,2 Mio. EUR 2019), während die Ausgaben für Wiley sogar knapp 10% unter den Ausgaben von 2018 liegen (26,6 Mio. EUR 2022 vs. 28,8 Mio. EUR 2018). Diese Kosten sind auch vor dem Hintergrund des erweiterten Leistungsumfangs von DEAL zu sehen. Vor den DEAL-Verträgen gab es an den Wissenschaftseinrichtungen getrennte Ausgabenströme für Subskriptionen und für das Open Access-Publizieren, entweder in Subskriptions- (Hybrid-OA) oder in Open-Access-Zeitschriften (Gold-OA). DEAL bündelt diese beiden Dienstleistungen nun in Form der PAR-Fee zu einem transparenten Preis pro Publikation und ermöglicht allen Institutionen und Forschenden im DEAL-Konsortium - unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen und ihrer Größe - einen umfassenden Zugang zu kompletten Zeitschriftenportfolios sowie zum standardmäßigen Open-Access-Publizieren.

Zur Kostenkontrolle wurden verschiedene Mechanismen eingeführt, wie z.B. die schrittweise Umstellung auf eine publikationsbasierte Abrechnung im Rahmen der PABA-Verfahren, Rabatte auf Gold-APCs, die Begrenzung von Preissteigerungen bei Springer Nature-APCs sowie Deckelungsklauseln auf Hauptvertragsebene.

Weitere DEAL-Effekte & Erfolge: Neben diesen Fortschritten hinsichtlich der drei Verhandlungszielen hat sich das DEAL-Konsortium insgesamt als starke Gemeinschaft gezeigt, die Einfluss auf die Prozesse und Dienstleistungen der Anbieter nimmt und dafür gesorgt hat, dass viele Anliegen der Einrichtungen und ihrer Bibliotheken strategisch bei den Anbietern platziert werden konnten. Eine zentrale Rolle spielte dabei auch die MPDL Services gGmbH, die z.B. effiziente Prüfprozesse für die zentrale Abrechnung und Weiterverrechnung von Publikationsgebühren etablierte und die nachträgliche Open Access-Stellung von Opt-out-Artikeln angestoßen und begleitet hat. Weitere Optimierungen gab es in Bezug auf die Dashboard-Systemen der Verlage, das Etablieren einer "Open Access Funding Note" für DEAL-Artikel, die Mitgestaltung der Autor*innenkommunikation auf Verlagswebsites und Publikationssystemen sowie die nachträgliche Aufnahme von Artikeln, die im Begutachtungsprozess übersehen wurden.

Ein weiterer Erfolg von DEAL besteht nicht zuletzt darin, dass mit der DEAL-Gruppe und der MPDL Services gGmbH eine Organisationsstruktur etabliert werden konnte, in der die verschiedenen Interessengruppen der Allianzorganisationen zusammenarbeiten und finanzielle Risiken gemeinsam tragen.

II. Stand der laufenden Verträge

Im Hinblick auf die noch laufenden Verträge wurden im Anschluss an den Rückblick die noch ausstehenden Abrechnungs- und Verrechnungsprozesse erläutert: Für das Publikationsjahr 2022 im Bereich Hybrid wurden soeben die publikationsanzahlbasierten Abrechnungen (PABA) durch die MPDL Services gGmbH versandt, in denen die vorausgezahlten PAR-Jahresrechnungen mit den tatsächlichen Kosten nach Publikationsvolumen und PAR-Fee verrechnet werden. Bei Wiley und Springer Nature gilt für das Publikationsjahr 2022 noch das bekannte PABA-Ausgleichsverfahren, in dessen Rahmen die Einrichtungen gebeten werden, etwaige Differenzbeträge „nach Möglichkeit“ ganz oder teilweise zu begleichen bzw. bei höheren vorausbezahlten PAR-Jahresrechnungsbeträgen einen Anspruch auf anteilige Rückerstattung in Form einer Gewinnbeteiligung erwerben.

Da die MPDL Services gGmbH im Jahr 2022 Überschüsse erwirtschaftet hat, kommt der Rückzahlungsmechanismus für den Wiley-Vertrag erstmals zur Anwendung. Die genaue Höhe der Rückzahlungen steht noch nicht endgültig fest und wird von den Gesellschafter*innen der MPDL Services im Rahmen der Feststellung des Jahresabschlusses 2022 frühestens im August bestätigt werden. Derzeit wird mit Rückzahlungen in Höhe von ca. 16 % des Differenzbetrages gerechnet.

Die Abrechnung für das Publikationsjahr 2023 erfolgt entsprechend im 2. Quartal 2024. Bei Wiley wird dabei nach dem Teilnahmemodell für das 5. Vertragsjahr abgerechnet, das vorsieht, dass die Einrichtungen 35% ihrer positiven Differenz aus publikationsabhängigen Kosten und vorausbezahltem PAR-Jahresrechnungsbetrag verbindlich übernehmen. Rückzahlungen sind im Wiley-Year-5-Beteiligungsmodell nicht mehr vorgesehen.

III. Auf dem Weg in die nächsten DEAL-Vertragsphasen

Der politische Wille zu Open Access und zur Transformation ist weiterhin stark, wie unter anderem die kürzlich veröffentlichte gemeinsame Leitlinie von Bund und Ländern zu Open Access zeigt (https://www.bmbf.de/SharedDocs/Publikationen/de/bmbf/1/772960_Open_Access_in_Deutschland). Die DEAL-Verhandlungen werden daher mit hoher Priorität vorangetrieben, mit dem Ziel, im nächsten Jahr Anschlussverträge mit Springer Nature und Wiley sowie einen neuen Vertrag mit Elsevier abzuschließen.

Da jedoch noch keine Verhandlungsergebnisse vorliegen, lassen sich auch über die genauen Konditionen und Beteiligungsmodelle keine Aussagen treffen. Fest steht jedoch bereits, dass es sich bei den künftigen Verträgen um so genannte Opt-in-Modelle handeln wird. Das bedeutet, dass Autor*innen nur dann im Rahmen der Verträge Open Access publizieren können, wenn ihre zugehörige Einrichtung dem Vertrag beigetreten ist. Dies bedeutet für die teilnehmenden Einrichtungen eine Verbesserung der Flexibilität und Risikominimierung, da voraussichtlich auch ein jährlicher Ein- und Austritt möglich sein wird.

Andererseits ist das Zustandekommen zukünftiger Verträge durch die Opt-In-Regelung nun direkt von einer bestimmten Beteiligungsquote abhängig. Darüber hinaus muss sichergestellt werden, dass die Verlage rechtzeitig darüber informiert werden, ob und bis wann sie von den Open-Access-Rechten im Rahmen der DEAL-Verträge profitieren können.

Die Veranstaltung endete mit einem Überblick über die Schritte auf dem Weg zu neuen DEAL-Verträgen und einer Fragerunde der Teilnehmer*innen.

Präsentationsfolien der Veranstaltung (PDF)

 

 

 [1] Die deutschlandweiten Kosten für Springer Nature und Wiley in den Vor-DEAL-Jahren wurden dem MPDL DEAL Cost Modelling Tool entnommen: http://doi.org/10.17617/2.3331716